Donnerstag, 7. April 2011

Wichtig, wichtig! - Momentaufnahmen aus der Mittagspause

Da geht man einmal zur Mittagspause in einen Kaffeeladen, der das Image „stylish, hipp & in“ irgendwann mal hatte, aber mittlerweile nur noch überteuert ist, ein in der Zwischenzeit auch langweiliges Angebot präsentiert und auch nur teilweise gemütlich möbliert ist. Aber bitteschön - manchmal muss das schon sein. Ein guter halber Liter Milchkaffee für umgerechnet 10 Mark für mich, einen doppelten Espresso, der nicht einmal wirklich gut schmeckte, für meine Begleitung - jetzt sind wir für mindestens ein halbes Jahr wieder geläutert.

Als wir eintraten, war natürlich keine der gemütlichen Sesselgruppen mehr frei und so nahmen meine Begleitung und ich im Obergeschoss an einem kleinen Tisch vor dem Eckfenster Platz. Wir hatten quasi einen Rundumblick: in zweieinhalb Richtungen aus den Fenstern und jeder von uns noch einmal in eine Richtung des Raumes. Da gab es dann wirklich jede Menge zu sehen: schöne Dinge genauso wie wunderlich Anmutendes. Aber der Reihe nach:

In einem Sessel im hinteren Bereich des großen Raumes lehnte eine junge Frau mit riesigen Kopfhörern, offensichtlich ganz versunken in die Musik, mit geschlossenen Augen und lächelte vor sich hin. Sie wirkte rundum friedlich und entspannt, so wie es in einer PAUSE ja auch sein sollte.

Espresso © Marianne J. / PIXELIO
Zwischen ihr und uns saß an einem Fenstertischchen eine weitere junge Dame, die offensichtlich sehr wichtige Dinge zu erledigen hatte: Sie schaute die ganze Zeit sehr angestrengt auf ihr Netbook, hämmerte ab und an mit ihren Fingern auf der Tastatur herum, um sich im Anschluss daran hektisch eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen und dann ganz theatralisch auf die Uhr zu schauen. Dem folgte dann ein sehnsuchtsvoller Blick aus dem Fenster, bevor sich das ganze Schauspiel wiederholte (und wieder und wieder...). Irgendwie wirkte diese Frau absolut unentspannt, ja schon total verkrampft - bemüht, ständig die Form zu wahren und möglichst geschäftig zu wirken. Wenn ihr mich fragt: Das war einfach nur affig!

Die beiden boten das totale Kontrastprogramm. Von den im Hinterzimmer auf den Coucharrangements lümmelnden Studenten muss ich schon gar nichts mehr sagen: Ein Käffchen für 2,50 und dann den ganzen Nachmittag dort abhängen. Joanne K. Rowling hat das ja schließlich auch so gemacht - nur dass sie dabei noch einen Roman von nicht unbeträchtlichem Umfang (sowohl gemessen an der Seitenzahl als auch an der literarischen Importanz) produziert hat. Wer weiß, vielleicht ist das Netbook-Mädel ja die nächste Bestsellerautorin?

Was gab es noch zu sehen? Ach ja: Interessant war für mich persönlich zu beobachten, wer auf der Straße herumspazierte, wenn er/sie doch eigentlich in einer Besprechung sein sollte/n. Da hat offenbar jemand geschwänzt! Aber wenn’s denn der guten Laune dient - bitte sehr. Ich verpfeife auch niemanden, Ehrenwort!

Fazit: Die Mittagspause in der Form, dass man sich „auf einen Kaffee verabredet“, ist sehr empfehlenswert, wenn man nichts Wichtigeres zu tun hat. Anderenfalls ist das mehr oder weniger verschwendete Zeit - also für mich jedenfalls. Der Lichtblick meiner heutigen Mittagspause war das Zusammensein mit einem geliebten Menschen, den ich sonst tagsüber nicht sehe. Aber dieses „Sehen- und Gesehenwerdenwollen“ inklusive der hippen Getränke, die nichts anderes sind als ausschließlich überteuert und qualitativ eher mangelhaft, brauche ich nicht, um mittags mal ein bisschen zu entspannen. Dann doch lieber die Bürotür schließen und im Internet Zeitung lesen. Dabei kann man vielleicht sogar noch die eine oder andere interessante und/oder wichtige Information für die Arbeit gewinnen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen