Mittwoch, 29. August 2012

Freundliche Empfehlungen des Bundesverkehrsministeriums

Manchmal fragt man sich doch bzw. frage ich mich, ob zahlreiche Verkehrsteilnehmer jemals eine Fahrschule von innen gesehen, geschweige denn ihren Führerschein tatsächlich mit einer erfolgreich bestandenen Prüfung erworben haben.

Es ist einfach nicht zu fassen, mit welcher Chuzpe sich manche Leute im öffentlichen Straßenverkehr so bewegen… Am Freitag z.B. ging ich in unserem Dörfchen die Hauptverkehrsstraße entlang, als ein PKW direkt hinter einem Parkverbotsschild (Zeichen 286 laut StVO) auf den Bürgersteig fuhr und dort anhielt. Es stieg ein Mann aus (ca. Mitte 30), der einem nachfolgenden PKW-Fahrer noch mittels wilder Winkbewegungen signalisierte, dass hinter ihm noch ausreichend Platz sei, diesen zweiten Wagen ebenfalls noch dort abzustellen, ohne dass man Einfahrten blockieren würde. So weit so gut. Allerdings befanden sich beide PKW im Bereich des Parkverbots (bzw. heißt das in der StVO mittlerweile „eingeschränktes Haltverbot“; man darf dort zum Be- und Entladen für ca. 3 Minuten halten, aber eben nicht parken). Außerdem waren die beiden Fahrzeuge so dicht an der Häuserfront abgestellt, dass ein Kinderwagen nicht mehr daran vorbei gefahren werden konnte (für Rollstühle wäre das ebenfalls nicht möglich gewesen).

Als ich das Winkemännchen darauf hinwies, dass für Kinderwagen und Rollstühle kein Durchkommen sei und die Pkw außerdem direkt im Parkverbot stünden, wurde ich angeraunzt, er stünde doch noch nicht mal eine Minute dort. Meine Erwiderung, dann habe er ja direkt Gelegenheit, diesen Fehler zu korrigieren, wurde mit einem zynischen „Na, vielen Dank aber auch!“, entgegnet. Mein sehr freundliches „Aber immer gerne“, kam nicht wirklich gut an.

Generell bin ich wirklich am Zweifeln, ob es den Fahrzeughaltern vollkommen egal ist, ob sie durch das wahllose Abstellen ihrer Fahrzeuge möglicherweise andere Verkehrsteilnehmer behindern oder nicht. Schließlich nehmen sie nicht nur Knöllchen in Kauf, sondern schlimmstenfalls auch Kratzer und Schrammen, die an ihren Wagen verursacht werden, wenn sich eben doch mal jemand durch die enge Gasse zwischen Auto und Haus hindurchzwängt und z.B. mit einer Jeans bzw. den an der Jeans befindlichen Nieten zu dicht am Wagen entlanggeht.

Ein Beispiel für wiederholtes Dummparken ist auch der weiße Mini, der im Parkhaus immer auf der Sperrfläche im Kurvenbereich steht, weil der/die Fahrer/in (ich möchte schließlich nicht auch noch Klischees bedienen) nicht willens oder in der Lage ist, die rote Ampel an der Einfahrt zu diesem Parkdeck zu beachten bzw. einfach die Ausfahrt zu einem der anderen Parkdecks zu nehmen. Statt dessen wird die sowieso schon verhältnismäßig enge Kurve beparkt; sollen die anderen doch zusehen, wie sie um das Kleinod des deutschen Autobaus herumkommen! Mich juckt’s jedes Mal in den Fingern, doch mal ein Blatt Papier mit dem Hinweis „Der Besuch einer Fahrschule zum Erwerb der Grundkenntnisse über die Funktion einer Sperrfläche wird dringend empfohlen“, zu beschriften und angefeuchtet auf die Frontscheibe ins Sichtfeld des Fahrers zu legen… Bis dato kann ich mich gerade noch so zügeln – wer weiß, wie lange noch?

Scheinbar sind Hinweisschilder, Ampelfarben und generell die StVO allerdings auch nur als unverbindliche, freundliche Empfehlungen des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung („BMVBS“ – heißt wirklich so) anzusehen und haben nicht generelle, universelle Gültigkeit. Wer weiß das schon so genau? Wonach allerdings bemisst sich überhaupt der Grad an Verbindlichkeit bei solchen Sachen?

Je kleiner das Auto desto geringer der Einfluss des BMVBS? Kann eigentlich auch nicht sein, wenn ich daran denke, wie mich morgens häufig voluminöse Fabrikate mit einem Stern oder auch einem blau-weißen Propeller auf der Motorhaube ohne zu blinken überholen, von der Linksabbiegerspur dennoch rechts abbiegen, weil der Rückstau auf der rechten Spur 15 Sekunden Wartezeit bedeutet hätte, Kurven schneiden und dabei neben sich befindliche Fahrzeuge in arge Bedrängnis bringen uswusf. Dabei spielen interessanterweise weder das Alter noch das Geschlecht geschweige denn die Haarfarbe der Fahrer überhaupt irgendeine Rolle. Im Verkehrsrowdytum herrscht scheinbar die totale Gleichberechtigung.

Endlich mal ein Bereich, in dem es kein Antidiskriminierungsgesetz (bzw. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) braucht, damit sich wirklich jeder nach seiner façon frei entfaltet, wenn er nur die möglichen Konsequenzen in Kauf zu nehmen bereit ist.

Insofern – schöne heile Welt!