Montag, 25. Juli 2011

Eine Frage des guten Geschmacks

Das Zentrum der Gesundheit der Gesellschaft für Ernährungsheilkunde GmbH hat auf seiner Website einen Hinweis mit Datum vom 02.10.2007, in dem es vor dem Einsatz des Geschmacksverstärkers Glutamat in „unzähligen Fertignahrungsmitteln und Würzmitteln“ warnt, da es sich „hierbei um einen der schwersten, legal zugelassenen Gehirnzerstörer handelt“. Im wahren Leben steckt Glutamat in vorrangig asiatischem Essen, aber auch in Fertig- und bzw. Tiefkühlgerichten, Tütensuppen, Kartoffelchips oder Würzsoßen. Sogar naturbelassene Lebensmittel enthalten den Geschmacksträger Glutamat.
Heute gibt's asiatisch © Grace Winter / pixelio.de
In Verruf bzw. in die Kritik geriet Glutamat bereits vor ca. 30 Jahren, als immer wieder Menschen verstärkt nach dem Genuss chinesischen Essens an diversen Beschwerden (Kribbeln und/oder Taubheit in Nacken, Armen und Rücken, Schwächegefühle, Herzklopfen) litten.



Daher hat diese Auffälligkeit auch die landläufige Bezeichnung „Chinarestaurant-Syndrom“ erhalten. Umfangreiche Studien ergaben ironischerweise, dass Asiaten, die nachweislich etwa drei Viertel des weltweit produzierten Glutamats verzehren, nicht von diesen Beschwerden betroffen sind. Mehrheitlich Amerikaner und Europäer stellten einen – übrigens in so genannten Doppelblindversuchen, bei denen die Versuchsperson nicht weiß, ob sie Glutamat erhielt oder nicht, nicht nachzuweisenden – Zusammenhang zwischen dem Genuss chinesischen Essens und zeitlich danach auftretenden Beschwerden her.
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. vertritt die Ansicht, die „rationelle Verwendung von Glutamat zur Würzung“ sei „für die Allgemeinheit unbedenklich“ und stünde „in keinem Widerspruch zu einer gesundheitsbewussten Ernährung“. Diese Meinung und ihre Begründungen sind nachzulesen in der DGE-aktuell 08/2003 vom 10.06.2003, auf der Website der DGE ist dies die aktuellste Aussage zum Thema Glutamat und Gesundheit.
Das allerdings nur als Vorgeplänkel. Seit einiger Zeit läuft ja wieder eine „Glutamat-ist-Teufelszeug“-Schlacht, wenn sogar in Radionachrichten vor der Gesundheitsschädlichkeit des Geschmacksverstärkers Glutamat gewarnt wird. Es ist allerdings seltsam bzw. auffällig, wenn eine solche Kampagne anläuft, kurz nachdem und während die führenden Tütensuppenhersteller Deutschlands nahezu ihr gesamtes Sortiment von diesem Zusatzstoff befreit haben. Der Verbraucher wird auf den Tüten an prominenter Stelle darauf hingewiesen, dass dieses Produkt ohne den Zusatz von Glutamat hergestellt bzw. auf die Verwendung von Geschmacksverstärkern verzichtet wurde (einige Produkte kommen auch noch ohne zusätzliche bzw. künstliche Farbstoffe aus, das ist aber wieder ein anderes Thema).
Sollen die Pülverchen von Maggi, Knorr & Co. uns jetzt (wieder einmal) als die Optimallösung für die Berufstätigen, die keine Zeit mehr zum Kochen mit frischen Zutaten haben, ans Herz gelegt werden? Oder wer steckt sonst dahinter? Es kann wohl kaum ein Zufall sein, dass diese Ereignisse (Befreiung der bekannten deutschen Marken-Tütensuppen von Glutamat und neueste Studien, die belegen, dass Glutamat jetzt aber echt und wahrhaftig sowas von gesundheitsschädlich ist) zeitlich so eng beieinander liegen, oder? Abgesehen davon beinhalten die Tütenprodukte Hefen, die ihrerseits ebenfalls „natürliche“ und „naturidentische“ Geschmacksverstärker darstellen.
Ich bin ja immer an Verschwörungstheorien interessiert, um mich gerne mal darüber lustig zu machen oder einfach auch mein Satirerepertoire aufzustocken. Aber manchmal komme ich schon auch selbst ins Grübeln, ob nicht ein paar Dinge doch von bestimmten Stellen (Einzelpersonen, Konzernen, politischen Vereinigungen, Regierungen etc.) ganz gezielt gesteuert werden... Das ist der Stoff, aus dem James-Bond-Filme sind - zumindest die alten und guten Exemplare. Man denke nur an Goldfinger und Blofeld, ganz zu schweigen von Dr. No mit seiner GOFTA.
Eben rennt mir eine ganz absurde (und deshalb vermutlich nicht gänzlich ohne ein - wenn auch kleines - Körnchen Wahrheit auskommende) Assoziation durchs Hirn: GOFTA = Glutamatize Our Food Trading Association. OK, das Wort „glutamatize“ habe ich soeben erfunden, das gibt’s nicht wirklich. Aber das ist in der wunderbaren Welt der Werbung ja auch nichts Neues.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Wir sind Griechenland! Franjo fängt an.

Kann sich noch jemand an die große “Du bist Deutschland”-Kampagne erinnern, die vor Jahren durch sämtliche Medien geisterte und zu der es ein supertolles Ironic Cover gab? Ich warte jetzt auf die große Medienkampagne zur Solidarität und Identifizierung der Bürger mit Europa im Allgemeinen und Griechenland im Speziellen. Da kann gerne die Leidenschaft für Gyros und Tzatziki herangezogen werden, griechischer Wein ist hierzulande ja eher musikalisch ein Genuss – und selbst der ist nur einer bestimmten Zielgruppe bekömmlich. Jedenfalls braucht Griechenland jetzt unsere Unterstützung, da es sich von der Wiege der Demokratie in einen Selbstbedienungsladen für einige wenige privilegierte Familien entwickelt hat. Diese Entwicklung muss irgendwie wieder in die richtigen Bahnen gelenkt werden, damit das Land nicht zu Grunde geht und seine europäischen Freunde mit in den finanziellen (und damit gesamtwirtschaftlichen) Ruin zieht.
Dieses “IndierichtigenBahnenlenken” gestaltet sich allerdings schwierig, da EUROPA sich nicht mal eben in innenpolitische Angelegenheiten seiner Mitgliedsstaaten einmischen sollte (das macht es zwar immer wieder; allein schon, indem es vorschreibt, welche Maße eine handelsübliche Gurke haben muss; reden wir aber nicht drüber, dann fällt das auch nicht weiter auf). Es kann aber genausowenig angehen, dass die europäischen Nachbarn, die der Eurozone angehören, jede Menge Geld an den griechischen Staat überweisen, welches anschließend stante pede wieder irgendwie – aus Sicht der Spender – “verjubelt” wird, indem lustig weiter so vor sich hingewurschtelt wird wie bisher.
Gerd Altmann/Shapes:dezignus.com/pixelio.de
Huch, jetzt hab ich plötzlich einen Ohrwurm – den Schlager “Eine Mark für Charly, denn Charly, der ist pleite. Wieder einmal Ebbe in seinem Portmonnaie” von Wencke Myhre aus dem Jahr 1979 (erschienen als 7. Track auf ihrer LP “So bin ich” – das aber nur als Hintergrundinfo für Fans).


Jedenfalls ist dieser Charly offensichtlich chronisch knapp bei Kasse, aber immer wieder gut am Feiern, weswegen er regelmäßig in die Bredouille gerät und auf eine Anzeige wegen Zechprellerei zusteuert. Die gute Wencke erbarmt sich, nimmt ihr neckisches Käppi vom Haupt und lässt die lustig-bunte Kopfbedeckung herumgehen, wobei sie singenderweise stellvertretend für Charly die übrigen Gaststättenbesucher anschnorrt. Jetzt könnte man sagen: “Ist doch nett von ihr, dem armen Charly aus der Klemme zu helfen, wenn er es selbst nicht mehr packt.” Ja, aber wenn sie das jedes Mal so macht, kommt dieser Charly nie im Leben auf den Trichter, dass er vielleicht irgendetwas in seinem Leben ändern sollte, um wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.
In Bezug auf unsere griechischen Nachbarn (im Vorspann der Sendung “Nachbarn in Europa” – gibt’s die überhaupt noch? – waren auch Aufnahmen aus Griechenland zu sehen, die das Land als eher ärmlich darstellten) geistert die Diskussion der Finanzminister der Eurostaaten nun schon seit längerer Zeit immer wieder zwischen Euro-Rettungsschirm, Schuldenerlass, Umschuldung, sanfte Umschuldung, nächster Euro-Rettungsschirm, Euro-Rettungspaket undundund. Es könnt einem der Schädel platzen ob der vielen Bezeichnungen für ein und dieselbe Sache: Geld für Griechenland, damit es erst mal über die Runden kommt. Und wenn dieses Ziel verfehlt wird (wovon man leider ausgehen muss), dann wird die gute Wencke eben wieder singen, die übrigen Gäste anschnorren und dem Charly wieder aus der Patsche helfen. 

Ach so, wir waren schon weg von diesem Bild. Egal – Sie verstehen schon, was gemeint ist.

Keiner hat auch nur irgendwie einen Plan, ob und wie die “Geberländer” jemals die jetzt Griechenland zugeschusterten Milliarden wiederbekommen. Von Zinsen, wie dies in der Wirtschaft üblich ist, mag man nicht mal mehr kühn träumen. Die Banken, die dem Staat Griechenland immer wieder Kredite gewährt haben und es eigentlich hätten besser wissen müssen, da sich die Personen in den entsprechenden Positionen den ganzen Tag nur mit Geldwirtschaft und Geldpolitik beschäftigen (müssten, wenn sie nicht gerade Golf spielen oder den Ausblick vom Pissoir der Vorstandstoilette in der oberen Etage des Frankfurter Büroturms auf die Mainmetropole genießen), dürfen selbstverständlich auch nicht fallengelassen werden. Die muss man doch jetzt unterstützen, also bitte!
Privatleute können sich angesichts dieser Geldpolitik nur verwundert die Augen reiben und fragen, wie das überhaupt funktionieren soll. Doch muss man den Blick gar nicht so weit bis in den Süden Europas schweifen lassen: Ein Abstecher ins schöne Düsseldorf reicht schon. Dort hat die Sparkasse einem gewissen Franjo P. schließlich auch den Löwenanteil seiner Schulden erlassen. Dumm nur, dass irgendwer die Geheimhaltung nicht eingehalten hat und der Rest der Republik auch davon Wind gekommen hat: Von über 9 Millionen Euro musste Herr P. nur läppische 815.000 Euro zurückzahlen. Das macht gerade mal eine Quote von 8,76 %. Man ist geneigt zu fragen, wer oder was die Banker dazu bewegt haben mag, diesen Deal einzugehen.
Auf jeden Fall bin ich ernsthaft am Überlegen, ob ich nicht auch jede Menge Schulden mache und dann – unter Hinweis auf den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes – die Sparkasse darauf aufmerksam mache, dass sie nur 8,76 % davon zurückerwarten sollte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt zwar hauptsächlich in Fällen der öffentlichen Gewalt bzw. in weiterer Ausformulierung durch das Antidiskriminierungsgesetz vorrangig in arbeitsrechtlichen Konstellationen zum Tragen, aber das muss ich denen ja nicht gleich auf die Nase binden.  Jedenfalls bin ich mal gespannt, wie die Herren und Damen meiner Filiale darauf reagieren werden. Da ich aber weder mit dem blendende Aussehen des Herrn P. noch der gnadenlosen Marketingstrategie der zur Schau gestellten dreisten Dummheit seiner Frau (die gar nicht so dumm sein kann, da das Konzept offensichtlich aufgeht) aufwarten kann, befürchte ich, dass mein Vorhaben von eher weniger Erfolg gekrönt sein wird.
Tja  mir bleibt also nur, eisern zu sparen und meinen Lebensstil meinem Einkommen anzupassen – schließlich bin ich weder Griechenland noch Franjo. Aber wer will das auch schon sein?

Freitag, 1. Juli 2011

Koreanisches Abseits

Gestern fand in Frankfurt das WM-Spiel Deutschland gegen Nigeria statt. Ich hatte Karten und war mit der ganzen Familie dort. Die Atmosphäre im Stadion war prima, das Publikum – im Gegensatz zu den nigerianischen Damen (aber dazu später mehr) – äußerst fair und gut drauf.

Das Spiel an sich aber war die Hölle!!! Gefühlt hat unsere Mannschaft nicht nur gegen die nigerianischen Foulexperten, sondern gleichzeitig noch gegen die nicht unparteiische Schiedsrichterin aus Korea antreten müssen. Es war einfach unglaublich, was sich auf dem Rasen abspielte: Freistöße gab es prinzipiell nahezu ausschließlich für Nigeria, dafür wurden unsere Damen ständig ermahnt und es gab sogar eine gelbe Karte (ich weiß bis jetzt noch nicht, wofür überhaupt). Das erste Tor – geschossen von Kerstin Garefrekes – wurde nicht gegeben, da angeblich die Schiedsrichterin es wegen Abseits abgepfiffen haben soll. Seltsam nur, dass KG noch vor dem Schuss gezögert und zur Linienrichterin geschaut hat, deren Vileda-Wischlappen-Fähnchen allerdings nicht erhoben war. Sie durfte also davon ausgehen, dass sie nicht im Abseits gestanden hat, als der Pass gespielt wurde. Die Dame im gelben Dress in der Mitte des Spielfelds sah das dann aber anders und so stand es bis zur Halbzeitpause 0:0. Verständlich, dass die überwiegend deutschen Zuschauer darüber nicht amüsiert waren und es zu Unmutsbekundungen kam. Nach dem Abfiff zur Pause wurde dann zunächst für unsere Damen applaudiert und anschließend für die Gegnerinnen und die so genannten „Unparteiischen“, die nicht ganz so schnell in den Katakomben verschwanden, ein Pfeif- und Buhkonzert gegeben. In der Nachrichtenausgabe um 00:00 Uhr wurde dann gemeldet, die Fans hätten zur Halbzeit die Mannschaft mit Pfiffen in die Kabine geschickt. Das stimmt doch gar nicht! Die Pfiffe galten ausschließlich den Damen in grün/blau und gelb/schwarz.

Gott sei Dank hat Simone Laudehr nach der Pause dann den Ball im gegnerischen Netz versenkt. Damit hat sie zunächst mal für Aufatmen gesorgt, aber gleichzeitig den Kampfgeist der Nigerianerinnen noch mehr angestachelt. Die waren vorher schon recht raubeinig und eher als Holzfäller unterwegs denn als elegante Ballköniginnen. Aber nach dem Treffer ging es dann richtig zur Sache: Abgesehen davon, dass Melanie Behringer bereits in der ersten Halbzeit nach einem Zweikampf verletzt ausgewechselt werden musste, wurden die Zweikämpfe immer brutaler geführt. Ironischerweise lagen aber häufiger Spielerinnen im grünen Trikot jammernd auf dem Rasen als unsere Mädels. Als Schauspielerinnen im Fach Drama hätten sie alle einen Oscar verdient. Frech wie Oscar war dann schließlich noch Miss Sunday, als sie im deutschen 16er Linda Bresonik von hinten tätlich angriff, als von der Schiedsrichterin geklärt wurde, ob es jetzt Abstoß oder einen Eckstoß geben sollte. Allein dafür, dass LB sich gegen die – ich formuliere es mal ganz vorsichtig – stürmische Umarmung ihrer Kontrahentin zur Wehr setzte, wurde sie von der Koreanerin verwarnt. Miss Sunday wurde nicht mal böse angeschaut und machte direkt weiter mit ihren körperlichen Bedrängungen, als der Schuss aus dem Eck nahte. Während dieses Spielzugs wurde dann auch noch unsere Torfrau Nadine Angerer im 5m-Raum attackiert, wofür es – zumindest laut Regelwerk des DFB (Regel 12 – Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen); vielleicht gelten in Nigeria andere Regeln und/oder die FIFA hat für die WM ganz neue Spielregeln erlassen, die außer der gestrigen Schiedsrichterin niemand bislang kennt – eine Strafe hätte geben müssen.
In der heißen Schlussphase war es dann auch nicht mehr möglich, LaOlas über die Ränge zu jagen. Jeweils begonnen im Eck zwischen Haupt- und Osttribüne lagen sie bereits auf der Gegentribüne im Sterben. Es war aber auch nahezu unerträglich, machtlos zusehen zu müssen, wie unsere Damen auf dem heiligen Rasen die Hucke vollkriegen und die Täter oftmals für ihre Frechheiten noch belohnt wurden. Wenigstens konnte die deutsche Mannschaft die Führung bis zum Abpfiff behaupten und das Spiel als Sieger beenden.
Das Beste an der nigerianischen Mannschaft waren übrigens ihre Anhänger: In der Kurve zwischen Gegen- und Westtribüne stand ein Häufchen grün-weiß gekleideter Fans, die über die gesamte Spieldauer lustige Musik machten. Das fand ich sehr sympathisch.
Weniger sympathisch fand ich hingegen die Kapitänin unserer Mannschaft. Einst DAS Idol des Frauenfußballs schlechthin erschien Birgit Prinz gestern irgendwie antriebsschwach und lethargisch. Ideenlos und ohne großartig sichtbare Motivation schleppte sie sich durch das Spiel, bis sie in der 53. Minute ausgewechselt wurde. Anschließend klatschte sie – sichtlich erregt im negativen Sinn – die Trainer und Mannschaftskolleginnen ab und saß dann mit mürrischer Miene auf der Bank. Schade, ich hatte mich so sehr gefreut, sie mal live spielen zu sehen. Ich hatte sie schon oft im Fernsehen gesehen und war immer schwer beeindruckt bis begeistert von dieser grandiosen Ballkünstlerin. Hoffen wir, dass sie gestern einfach nur schlecht drauf war und im nächsten Spiel wieder richtig rockt.
Ich hoffe ja sehr, dass die Damen am kommenden Dienstag gegen Frankreich gewinnen und dann auch das Viertelfinale für sich entscheiden. Dann sehe ich sie nämlich im Halbfinale am 13. Juli wieder im Frankfurter WM-Stadion. Ich freu mich jetzt schon drauf!