Freitag, 1. Juli 2011

Koreanisches Abseits

Gestern fand in Frankfurt das WM-Spiel Deutschland gegen Nigeria statt. Ich hatte Karten und war mit der ganzen Familie dort. Die Atmosphäre im Stadion war prima, das Publikum – im Gegensatz zu den nigerianischen Damen (aber dazu später mehr) – äußerst fair und gut drauf.

Das Spiel an sich aber war die Hölle!!! Gefühlt hat unsere Mannschaft nicht nur gegen die nigerianischen Foulexperten, sondern gleichzeitig noch gegen die nicht unparteiische Schiedsrichterin aus Korea antreten müssen. Es war einfach unglaublich, was sich auf dem Rasen abspielte: Freistöße gab es prinzipiell nahezu ausschließlich für Nigeria, dafür wurden unsere Damen ständig ermahnt und es gab sogar eine gelbe Karte (ich weiß bis jetzt noch nicht, wofür überhaupt). Das erste Tor – geschossen von Kerstin Garefrekes – wurde nicht gegeben, da angeblich die Schiedsrichterin es wegen Abseits abgepfiffen haben soll. Seltsam nur, dass KG noch vor dem Schuss gezögert und zur Linienrichterin geschaut hat, deren Vileda-Wischlappen-Fähnchen allerdings nicht erhoben war. Sie durfte also davon ausgehen, dass sie nicht im Abseits gestanden hat, als der Pass gespielt wurde. Die Dame im gelben Dress in der Mitte des Spielfelds sah das dann aber anders und so stand es bis zur Halbzeitpause 0:0. Verständlich, dass die überwiegend deutschen Zuschauer darüber nicht amüsiert waren und es zu Unmutsbekundungen kam. Nach dem Abfiff zur Pause wurde dann zunächst für unsere Damen applaudiert und anschließend für die Gegnerinnen und die so genannten „Unparteiischen“, die nicht ganz so schnell in den Katakomben verschwanden, ein Pfeif- und Buhkonzert gegeben. In der Nachrichtenausgabe um 00:00 Uhr wurde dann gemeldet, die Fans hätten zur Halbzeit die Mannschaft mit Pfiffen in die Kabine geschickt. Das stimmt doch gar nicht! Die Pfiffe galten ausschließlich den Damen in grün/blau und gelb/schwarz.

Gott sei Dank hat Simone Laudehr nach der Pause dann den Ball im gegnerischen Netz versenkt. Damit hat sie zunächst mal für Aufatmen gesorgt, aber gleichzeitig den Kampfgeist der Nigerianerinnen noch mehr angestachelt. Die waren vorher schon recht raubeinig und eher als Holzfäller unterwegs denn als elegante Ballköniginnen. Aber nach dem Treffer ging es dann richtig zur Sache: Abgesehen davon, dass Melanie Behringer bereits in der ersten Halbzeit nach einem Zweikampf verletzt ausgewechselt werden musste, wurden die Zweikämpfe immer brutaler geführt. Ironischerweise lagen aber häufiger Spielerinnen im grünen Trikot jammernd auf dem Rasen als unsere Mädels. Als Schauspielerinnen im Fach Drama hätten sie alle einen Oscar verdient. Frech wie Oscar war dann schließlich noch Miss Sunday, als sie im deutschen 16er Linda Bresonik von hinten tätlich angriff, als von der Schiedsrichterin geklärt wurde, ob es jetzt Abstoß oder einen Eckstoß geben sollte. Allein dafür, dass LB sich gegen die – ich formuliere es mal ganz vorsichtig – stürmische Umarmung ihrer Kontrahentin zur Wehr setzte, wurde sie von der Koreanerin verwarnt. Miss Sunday wurde nicht mal böse angeschaut und machte direkt weiter mit ihren körperlichen Bedrängungen, als der Schuss aus dem Eck nahte. Während dieses Spielzugs wurde dann auch noch unsere Torfrau Nadine Angerer im 5m-Raum attackiert, wofür es – zumindest laut Regelwerk des DFB (Regel 12 – Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen); vielleicht gelten in Nigeria andere Regeln und/oder die FIFA hat für die WM ganz neue Spielregeln erlassen, die außer der gestrigen Schiedsrichterin niemand bislang kennt – eine Strafe hätte geben müssen.
In der heißen Schlussphase war es dann auch nicht mehr möglich, LaOlas über die Ränge zu jagen. Jeweils begonnen im Eck zwischen Haupt- und Osttribüne lagen sie bereits auf der Gegentribüne im Sterben. Es war aber auch nahezu unerträglich, machtlos zusehen zu müssen, wie unsere Damen auf dem heiligen Rasen die Hucke vollkriegen und die Täter oftmals für ihre Frechheiten noch belohnt wurden. Wenigstens konnte die deutsche Mannschaft die Führung bis zum Abpfiff behaupten und das Spiel als Sieger beenden.
Das Beste an der nigerianischen Mannschaft waren übrigens ihre Anhänger: In der Kurve zwischen Gegen- und Westtribüne stand ein Häufchen grün-weiß gekleideter Fans, die über die gesamte Spieldauer lustige Musik machten. Das fand ich sehr sympathisch.
Weniger sympathisch fand ich hingegen die Kapitänin unserer Mannschaft. Einst DAS Idol des Frauenfußballs schlechthin erschien Birgit Prinz gestern irgendwie antriebsschwach und lethargisch. Ideenlos und ohne großartig sichtbare Motivation schleppte sie sich durch das Spiel, bis sie in der 53. Minute ausgewechselt wurde. Anschließend klatschte sie – sichtlich erregt im negativen Sinn – die Trainer und Mannschaftskolleginnen ab und saß dann mit mürrischer Miene auf der Bank. Schade, ich hatte mich so sehr gefreut, sie mal live spielen zu sehen. Ich hatte sie schon oft im Fernsehen gesehen und war immer schwer beeindruckt bis begeistert von dieser grandiosen Ballkünstlerin. Hoffen wir, dass sie gestern einfach nur schlecht drauf war und im nächsten Spiel wieder richtig rockt.
Ich hoffe ja sehr, dass die Damen am kommenden Dienstag gegen Frankreich gewinnen und dann auch das Viertelfinale für sich entscheiden. Dann sehe ich sie nämlich im Halbfinale am 13. Juli wieder im Frankfurter WM-Stadion. Ich freu mich jetzt schon drauf!

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