Sonntag, 1. März 2015

Besuch der Nachbarn - Fluch oder Segen?


Roland Kaiser hat mal gesungen: „Es kann der frömmste nicht in Frieden leben, wenn ihm die schöne Nachbarn gefällt“. Ach ja, der alte Fuchs und Schwerenöter… Solange es nur ein schöner Nachbar wäre, der mir den Kopf verdreht, wäre irgendwie alles fein. 

Aber meine Nachbarn haben am (fast) vergangenen Wochenende meinen Kopf stark malträtiert, indem sie die Kinder ihrer Besucher den lieben langen Tag bis in die späten Abendstunden scheinbar ungezügelt über Tisch und Bänke haben springen lassen. Am Freitagabend war erst nach 23:00 Uhr Feierabend, gestern (Samstag) ging es am späten Vormittag los und zog sich den lieben langen Tag hin. 

Nun habe ich auch Kinder und die sind auch nicht immer still und leise. Aber dermaßen ununterbrochen herumgetollt haben die noch nicht. Abgesehen davon, dass die Sonne schien, als gäbe es kein morgen, an dem sie wieder strahlen dürfe. Es wäre also (eigentlich) kein Problem gewesen, die lieben Kleinen an die frische Luft zu befördern, damit sie sich da so richtig schön hätten austoben können. Zumal der Spielplatz direkt vor unserem Haus liegt und man vom Küchenfenster aus ungehinderte Sicht darauf hat, was dort so abgeht (wenn man als Erwachsener nicht die ganze Zeit direkt dabei sein kann oder will). 

Da ich einen Job habe, in dem ich einen klaren Kopf brauche, und die vergangenen Wochen sehr anstrengend waren, bin ich dann gestern gegen 17:00 Uhr hinunter gegangen und habe darum gebeten, dass der Lärm etwas eingeschränkt würde, da bei mir im Schrank von den Erschütterungen die Gläser klirrten und mir das Gedröhne auch sehr auf die Nerven ging. Unfassbar war für mich die Antwort: „Aber das sind Kinder, die müssen sich bewegen!“ So weit so richtig, Bewegung befürworte ich natürlich auch. Aber muss es bei strahlendem Sonnenschein denn wirklich in der Wohnung abgehen wie im Tollhaus? Das nächste Argument war, dass die Besucher beim Aufbau neuer Möbelstücke helfen und morgen (also am heutigen Sonntag) wieder abreisen würden. Schön und gut, aber ich hatte bisher weder am Freitagabend noch den gesamten Samstag über Gelegenheit, mal zur Ruhe zu kommen und mich zu erholen. Der Sonntag als – wenn überhaupt und für welche Zeitspanne war ja auch noch nicht klar zu dieser Zeit – einziger Tag der Ruhe ist mir dann aber doch etwas zu wenig. Doch welche Wahl hatte ich? 

Aus lauter Verzweiflung hatte ich am frühen Nachmittag bereits geraume Zeit in meiner Badewanne neben einer rumorenden Waschmaschine verbracht, um dem Gepoltere unter mir zu entgehen (außerdem hat das Gerumpel einer Waschmaschine auch positive Aspekte: meine Wäsche wird sauber, die Dauer des Lärms ist absehbar und auch die Abfolge der einzelnen Geräusche ist verhältnismäßig unaufgeregt).

Nun handelte es sich bei der Quelle des akustischen Gewaltpotentials um die Wohnung unter mir. Der Hinweis meiner Nachbarin, dass die Bewohner der Wohnung darunter die Geräusche sicherlich viel lauter hören würden und sich noch nicht beschwert hätten, kam dermaßen vorwurfsvoll, dass ich erst einmal durchatmen musste, bevor ich dann – meiner Meinung nach immer noch höflich, aber bestimmt – entgegnete, dass ich das nicht beurteilen könne und es mich auch nicht wirklich interessieren würde (es ging mir schließlich um die eindringliche Störung meines subjektiven Ruheempfindens!). Jetzt mal ehrlich: Wer macht denn in einem Haus mit zwölf Parteien zunächst eine Umfrage, wer sich möglicherweise von Geräuschen gestört fühlt, bevor er die Urheber der Störung darauf anspricht und um Abhilfe bittet? Ehrlich! 

Wenigstens war ich dann am Samstagabend verabredet zu einem gemütlichen amüsanten Abend bei einer Freundin. Leckeres Essen, Qualitätsgetränke und jede Menge interessanter Themen – manche davon zum Schreien komisch, andere beängstigend und manche einfach nur furchtbar – die ganze Palette des Lebens also. Der Abend dauerte bis tief in die Nacht und so konnte ich heute Vormittag sehr lange schlafen. 

In der Zwischenzeit hatte ich schon Tipps bekommen, dem Kinderlärm mit der Leistungsstärke meiner Stereoanlage entgegenzuwirken (AC/DC wurde einstimmig als qualifiziert und angemessen eingestuft). Fast hatte ich mich schon auf ein Frühstück, untermalt von Black Ice, gefreut… 
Keine Ahnung, von wem das ist... Aber es ist grandios!

Möglicherweise habe ich aber durch das lange Schlafen die Fortsetzung der geballten Ladung guter Laune in der Klimax der Verabschiedung verpasst, die sich vermutlich heute Morgen in der Wohnung unter mir abgespielt haben muss. Schließlich weist nichts mehr auf die fortdauernde Anwesenheit der Krawallbratzen hin, die mir die ersten zwei Drittel des Wochenendes zur veritablen Hölle gemacht hatten. Jedenfalls verläuft der heutige Tag in dermaßen entspannter und ruhiger, friedlicher Atmosphäre, dass ich endlich mal wieder zum Bloggen komme – so stelle ich mir das vor. 

Jetzt bin ich mal gespannt, wann die Besucher erneut für qualitativ fragwürdige Unterhaltung im Haus sorgen werden. Denn schließlich wusste man bereits 1991 nach einem Kinobesuch: „Manchmal kommen sie wieder“…

Mittwoch, 4. Februar 2015

Tanzende Japaner



Ich arbeite so gerne mit dem PC, dass es eine wahre Freude ist, morgens zur Arbeit zu fahren. Doch, ich liebe das Klackern der Tastatur und die (meist) unmittelbar sichtbare Reaktion darauf am Bildschirm.

Heute allerdings ist alles anders: Ich versuche, an ausgewählte Personen Emails zu schreiben. Nichts Besonderes – eigentlich! Und mit diesem letzten Wort („eigentlich“) sind wir eigentlich auch schon beim Kern des Problems angelangt. Denn heute scheint irgendwie gar nichts zu gehen. Outlook macht alles Mögliche, aber nicht das, was ich erwarte und schon mal gar nicht in der erwarteten Kürze der Zeit.

Wunder der Technik – gerne genutzt, um jede Menge Zeit zu sparen. Dieser Schuss geht heute gewaltig nach hinten los.

Ich stelle mir gerne vor, dass in dem grauen Kasten unter meinem Schreibtisch zwei kleine Japaner sitzen: einer heißt Eins und einer Null – die Binären sozusagen. Wenn sich Eins und Null pingpongmäßig die Bälle zuspielen, läuft alles wie am Schnürchen. Aber wehe, einen davon erwischt die Rüsselseuche oder so (schließlich können auch Computer von Viren befallen werden). Dann ist der zweite auch nicht mehr in der Lage, noch irgendwas zufriedenstellend zu reißen.

Heute jedenfalls scheint beide die kollektive Unlust gepackt zu haben. Wenn ich eine Datei aufrufen möchte, dann passiert eine ganze Weile … nichts. Nach quälend langer Zeit erscheint dann wenigstens der kreisende Ring (die Eieruhr früher hat mir besser gefallen), der mir zeigt, dass im Hintergrund zumindest irgendwas vor sich geht. Doch es dauert… 


Man könnte den Eindruck bekommen, Eins und Null gehen vom 12. Stock in den Keller (Gebäude ohne Aufzug), um sich in aller Ruhe umzusehen, wo denn überhaupt die Akte steht, in der sich das gewünschte Dokument befinden könnte. Je länger dieser Vorgang dauert, umso absurder werden meine Gedanken, die darum kreisen: Mittlerweile gehen Eins und Null nicht in den Keller, sondern sie tanzen Lilifee-mäßig leicht und fluffig die Treppen hinab, auf jeder Stufe einen Wiener Walzer in voller Länge mit seligem Lächeln auf den kleinen Gesichtern.

Solange die beiden noch lächeln können (und sei es auch nur in meinen Gedanken), scheint meine Gemütslage relativ entspannt. Weder Eins noch Null müssen um ihre Behausung fürchten während ihrer elend langen Abwesenheit: Der graue Kasten unter meinem Tisch wird nicht eine Flugreise aus dem Bürofenster auf den harten Belag des Gehwegs darunter antreten – solange ich noch die Illusion der fröhlichen Japaner aufrechthalten kann.  



Aber wer weiß, wie lange das noch so sein wird?

Donnerstag, 8. Januar 2015

Vergleichsweise unweise


Gestern, am 7. Januar 2015, wurde in Paris die Redaktion des Magazins Charlie Hebdo ermordet. Die Zeitschrift hatte in der Vergangenheit mehrfach Karikaturen und Beiträge veröffentlicht, durch die sich bestimmte Muslime gestört fühlten. Um es klar zu sagen: Radikale Fanatiker missbrauchten ihre Religion, um sich – ihrer Meinung nach – unliebsamer Personen zu entledigen. 

Heute tauchen in der deutschen Presse allerdings Meldungen auf, in denen diese Morde auf eine Stufe mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 in New York gestellt werden („das ist unser 11. September“). 

Moment mal… 

Bislang deutet zwar alles darauf hin, dass die gestrigen Morde in Paris unter Bezugnahme auf die „Rache Allahs“ verübt wurden. Allerdings wurden damals in New York hunderte anonyme Personen getötet, um ein Zeichen des islamistischen Terrors zu setzen. Gestern in Paris jedoch wurden bestimmte Personen, nämlich Redakteure und Zeichner des Charlie Hebdo, gezielt getötet. Den Polizisten muss man dabei als „Kollateralschaden“ betrachten, da er sein Leben in Ausübung seines Dienstes verlor, als er das Redaktionsgebäude und die sich darin befindenden Personen zu schützen versuchte. Das klingt brutal, entspricht allerdings den Tatsachen: Er stand den Tätern im Weg und wurde deswegen beseitigt, auch wenn die eigentlich geplante Tat nicht ihm galt. 

Bei dem Verbrechen des 7. Januar 2015 handelt es sich nicht um einen „normalen“ Terroranschlag, sondern um MORDE! 

Entsetzlich bei solchen Geschehen ist auch die neue Unsitte, Videomitschnitte der Tat im Internet zu verbreiten. Leider gibt es immer (noch) viel zu viele Websurfer, die – aus welchen Gründen auch immer – diese Videos in Foren teilen und ihren Senf dazu geben. OK, dieser Blogeintrag ist auch nur „mein Senf dazu“, aber: Clips, die die Tötung von realen Menschen zeigen, sollten nicht in frei zugänglichen Foren geteilt werden. Abgesehen von Jugendschutzaspekten sollte bedacht werden, dass man damit – ich unterstelle mal unabsichtlich – die Propaganda der Tätergruppen unterstützt. Darüber hinaus gießen solche Videos, in denen z.B. religiöse Parolen zu hören sind, Wasser auf die Mühlen diverser Gruppierungen, welche wirklich jeden Anlass benutzen, um Fremdenfeindlichkeit auszuleben. 

„Ich würde lieber stehend sterben, als auf Knien zu leben.“

Ob Stéphane Charbonnier, alias Charb, 2012 ahnte, was ihm und seinen Kollegen widerfahren würde? Dass er regelmäßig aufs Schärfste kritisiert wurde und auch Morddrohungen bekam, war bereits seit Langem bekannt. Daher sollte das Gebäude ja auch von der Polizei geschützt werden. Dass dieser Schutz nicht funktionierte, ist mehr als bedauerlich – nicht zuletzt für den Polizisten, der wie die eigentlichen Zielpersonen des Anschlags auch, sterben musste. 

Um aber zum Ausgangspunkt meiner Gedanken zurück zu kommen: Ist es wirklich angebracht, Terroranschläge, Morde und ähnliche Abscheulichkeiten zu vergleichen? Braucht(e) Europa seinen eigenen 11. September, um mit den USA gleichzuziehen? Wo liegt da der Sinn? Ich verstehe es einfach nicht und stehe den Morden wie auch der Berichterstattung darüber nur noch fassungslos gegenüber. 
Leider kann Charb es nicht mehr zur Kenntnis nehmen, da die Welle der Sympathie und der Unterstützung zu spät kommt, aber: 

MOI AUSSI – JE SUIS CHARLIE!