Mittwoch, 4. Februar 2015

Tanzende Japaner



Ich arbeite so gerne mit dem PC, dass es eine wahre Freude ist, morgens zur Arbeit zu fahren. Doch, ich liebe das Klackern der Tastatur und die (meist) unmittelbar sichtbare Reaktion darauf am Bildschirm.

Heute allerdings ist alles anders: Ich versuche, an ausgewählte Personen Emails zu schreiben. Nichts Besonderes – eigentlich! Und mit diesem letzten Wort („eigentlich“) sind wir eigentlich auch schon beim Kern des Problems angelangt. Denn heute scheint irgendwie gar nichts zu gehen. Outlook macht alles Mögliche, aber nicht das, was ich erwarte und schon mal gar nicht in der erwarteten Kürze der Zeit.

Wunder der Technik – gerne genutzt, um jede Menge Zeit zu sparen. Dieser Schuss geht heute gewaltig nach hinten los.

Ich stelle mir gerne vor, dass in dem grauen Kasten unter meinem Schreibtisch zwei kleine Japaner sitzen: einer heißt Eins und einer Null – die Binären sozusagen. Wenn sich Eins und Null pingpongmäßig die Bälle zuspielen, läuft alles wie am Schnürchen. Aber wehe, einen davon erwischt die Rüsselseuche oder so (schließlich können auch Computer von Viren befallen werden). Dann ist der zweite auch nicht mehr in der Lage, noch irgendwas zufriedenstellend zu reißen.

Heute jedenfalls scheint beide die kollektive Unlust gepackt zu haben. Wenn ich eine Datei aufrufen möchte, dann passiert eine ganze Weile … nichts. Nach quälend langer Zeit erscheint dann wenigstens der kreisende Ring (die Eieruhr früher hat mir besser gefallen), der mir zeigt, dass im Hintergrund zumindest irgendwas vor sich geht. Doch es dauert… 


Man könnte den Eindruck bekommen, Eins und Null gehen vom 12. Stock in den Keller (Gebäude ohne Aufzug), um sich in aller Ruhe umzusehen, wo denn überhaupt die Akte steht, in der sich das gewünschte Dokument befinden könnte. Je länger dieser Vorgang dauert, umso absurder werden meine Gedanken, die darum kreisen: Mittlerweile gehen Eins und Null nicht in den Keller, sondern sie tanzen Lilifee-mäßig leicht und fluffig die Treppen hinab, auf jeder Stufe einen Wiener Walzer in voller Länge mit seligem Lächeln auf den kleinen Gesichtern.

Solange die beiden noch lächeln können (und sei es auch nur in meinen Gedanken), scheint meine Gemütslage relativ entspannt. Weder Eins noch Null müssen um ihre Behausung fürchten während ihrer elend langen Abwesenheit: Der graue Kasten unter meinem Tisch wird nicht eine Flugreise aus dem Bürofenster auf den harten Belag des Gehwegs darunter antreten – solange ich noch die Illusion der fröhlichen Japaner aufrechthalten kann.  



Aber wer weiß, wie lange das noch so sein wird?